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Lieferkettengesetz: Keine faulen Eier!

April 1, 2021

Deutsche Unternehmen beziehen Rohstoffe sowie verarbeitete Produkte aus der ganzen Welt. Sie investieren in Produktions- und Vertriebsstätten im Ausland und exportieren ihre Güter in andere Weltregionen. Dabei sind Menschenrechtsverstöße in vielen Branchen keine Ausnahme: In der Herstellung unserer Kleidung etwa sind Brand- und Einsturzkatastrophen in Textilfabriken nur die Spitze des Eisbergs. Ausbeuterische Arbeitsbedingungen gehören zum Alltag. Auch für die Gewinnung von Rohstoffen für unsere Autos oder Elektrogeräte werden Lebensgrundlagen zerstört. Auf Mango-, Kakao- und Palmölplantagen arbeiten Kinder unter schwersten Bedingungen. Hier ein Eindruck aus Äthiopien von einer meiner Reisen 2012:

Viele Probleme sind seit langem bekannt. In den letzten 20 Jahren haben Unternehmen immer wieder beteuert, dass sie sich „freiwillig“ um ihre Lösung kümmern. Doch mittlerweile zeigt sich: Diese freiwilligen Ansätze führen zu kaum mehr als kosmetischen Korrekturen. Menschenrechtsverstöße sind Teil eines Systems, in dem Unternehmen unter hohem Wettbewerbs- und Preisdruck stehen, aber für die Auswirkungen ihrer Geschäftstätigkeit im Ausland keine Verantwortung tragen. Es braucht einen verbindlichen Rahmen, damit Unternehmen die Menschenrechte in ihren Lieferketten wirklich beachten. Außerdem müssen Betroffene endlich die Möglichkeit erhalten, ein Unternehmen bei Verstößen zur Rechenschaft zu ziehen.

Die bundesweite Initiative Lieferkettengesetz tritt ein für eine Welt, in der Unternehmen Menschenrechte achten und Umweltzerstörung vermeiden. Dafür braucht es einen gesetzlichen Rahmen. Nach einer längeren Kampagne hat das Bundeskabinett am 3. März einen Gesetzentwurf verabschiedet, der nach Ostern im Bundestag debattiert wird. Er sei nach Worten des Bundesministers Hubertus Heil (BMAS) das stärkste in Europa. Doch: Der Entwurf bleibt weit hinter den Erwartungen von Menschenrechts- und Umweltorganisationen zurück – ein Resultat der Lobbyarbeit aus dem Wirtschaftslager.

Nach dem vorliegenden Entwurf droht das Gesetz geltende internationale Menschenrechtsstandards der Vereinten Nationen zu unterlaufen. Für ein starkes Gesetz, das Betroffene wirksam vor Menschenrechtsverletzungen und Umweltschäden durch deutsche Unternehmen schützt, muss noch viel getan werden. Darum muss das Gesetz im parlamentarischen Prozess umfassend nachgebessert werden. Wo genau liegen die Mängel des aktuellen Gesetzentwurfs? Welche Wirksamkeit hat ein Gesetz, dass sich nur auf große Unternehmen beschränkt? Inwiefern erleichtert das Gesetz tatsächlich Klagen von Betroffenen vor deutschen Gerichten?

Im Saarland hatte sich 2020 auf Initiative des Vereins mehr Wert! eine Initiative von 15 NGOs gegründet, unter anderem Transition Town Saarbrücken, bei der ich aktiv bin, um diesen Fragen auf den Grund zu gehen und das Maximum zu fordern. Es gab mehrere Aktionen, zum Beispiel eine „Schwenker-Veranstaltung“ am Bahnhof, um darauf aufmerksam zu machen, wie alltäglich wir Produkte nutzen, die unter unklaren sozialen und ökologischen Bedingungen hergestellt werden. Also: Grillfleisch, Tomaten, Säfte, Grillkohle…

Dass dann tatsächlich ein Gesetzentwurf erarbeitet wurde, war ein Erfolg. Europaweit gibt es erst in Frankreich ein solches Gesetz, in Belgien und Luxemburg (wo ich mich beruflich mit etika an einer schönen Aktion an der Abgeordetenkammer beteiligen durfte) wird es eingefordert. Aber jetzt wollen wir Druck machen, dass es wirklich konsequent formuliert wird. Die Initiative Lieferkettengesetz Saar hat sich dazu eine Aktion zu Ostern ausgedacht: „Keine faulen Eier“. Heike Sicurella (BUND) bastelte in den letzten Tagen die Ostereier, Tamara Enhuber (mehr Wert!) übernahm die Anschreiben und verschiedene Leute verteilten diese dann heute an die Wahlkreisbüros der neun saarländischen Bundestagsabgeordneten. Ich übernahm heute mittag Oliver Luksic, Thomas Lutze und Josephine Ortleb:

Informationen zu den Hintergründen der Kampagne und dazu, von wem sie getragen wird, für wen das Gesetz von Bedeutung ist und wer davon betroffen ist, finden sich unter www.lieferkettengesetz.de.

Die bundesweite Initiative Lieferkettengesetz wird getragen von: Arbeitsgemeinschaft der Eine Welt-Landesnetzwerke in Deutschland e.V. (agl), Brot für die Welt, Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland e.V. (BUND), Christliche Initiative Romero e.V. (CIR), CorA-Netzwerk für Unternehmensverantwortung, Deutscher Gewerkschaftsbund (DGB), European Center for Constitutional and Human Rights (ECCHR), Forum Fairer Handel e.V., Germanwatch e.V., Greenpeace e.V., INKOTA-netzwerk e.V., Bischöfliches Hilfswerk MISEREOR e. V., Oxfam Deutschland e.V., SÜDWIND e.V., ver.di – Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft, WEED – Weltwirtschaft, Ökologie & Entwicklung e.V., Weltladen-Dachverband e.V., Werkstatt Ökonomie e.V.

Im Saar-Bündnis zur Initiative Lieferkettengesetz haben sich zusammengeschlossen: Arbeitskammer des Saarlandes, BUND e. V., Diriamba-Verein / Fairtrade Initiative Saarland e. V., Fair im Saarland e. V., DGB DGB Rheinland-Pfalz/Saarland, Greenpeace, Katholische Arbeitnehmerbewegung (KAB), Kooperationsstelle Wissenschaft und Arbeitswelt der Universität des Saarlands (KoWA), mehr Wert e. V., Netzwerk für Entwicklungspolitik im Saarland e. V. (NES), Ökumenisches Netz Rhein-Mosel-Saar e. V., Transition Town Saarbrücken, ver.di Bezirk Region Saar Trier und Weltveränderer e. V.

#Lieferkettengesetz # Saar-Bündnis zur Initiative Lieferkettengesetz

Lieferkettengesetz: Keine faulen Eier! ⓒ Ekkehart Schmidt

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