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Der „Steinberg“ Gunbad-e Djabaliye_Kerman

Januar 9, 2024

Ich habe mich seit dem furchtbaren Anschlag letzte Woche wieder etwas näher mit der Gegend vor dem Friedhof von Kerman, im Osten der Millionenstadt im Süden des Iran, beschäftigt – mich an unsere Aufenthalte 2012 und 2016 erinnert. Das erste von zwei Attentaten des IS erfolgte neben einem historischen Gebäude, an dem man nach zwei sehr alten sassanidischen Festungsruinen auf Hügeln vorbeikommt, wenn einen der Weg vom Meidan-e Shohada am Rand der Altstadt zum Friedhof führt: der Gunbad-e Djabaliyeh an der Kreuzung der Khiabane Shohada mit der Khiabane Zarisef.

Hier zunächst ein Blick zurück von den Bergen hinter dem Friedhof, die bis zu 2900 m Höhe, weiter südlich sogar 3.900 m erreichen und hinter denen die extrem unwirtliche Wüste Dascht-e Lut beginnt:

Alter und ursprüngliche Nutzung des relativ kleinen Gebäudes mit einem achteckigen Grundriss, mehreren Bögen und einer doppelten Kuppel, sind unbekannt. Daher wird es auch unterschiedlich benannt. Das liegt daran, dass das islamische Regime wenig Interesse an einer Hervorhebung von Kultstätten früherer Kulturen und gar kein Interesse an Kultstätten früherer Religionen hat. Ein traditioneller Name ist „Djebel-e Sang“ (Steinberg), ein anderer überlieferter Name ist „Gunbad-e Ghebri oder Gabri (zuweilen in der Literatur zu deutsch: Gebernturm genannt). „Gabr“ ist eine bei iranischen Muslimen übliche Bezeichnung für Zoroastrier, also Anhängern der ersten, von Zarathustra begründeten, monotheistischen Religion.

Unabhängig von dieser religionspolitischen Einschätzung wurde der ursprünglich wohl in der Mitte eines Friedhofs errichtete Bau sehr gut saniert. Er wurde „Steinberg“ genannt, weil es in der Gegend eher üblich war, Gebäude aus gebrannten Ziegeln zu errichten. Nur deshalb scheint er über gut anderthalb Jahrtausende auch erhalten geblieben zu sein. Aus Ziegeln wurde nur die Kuppel erbaut, wahrscheinlich, weil diese später zugefügt wurde, heisst es in der Literatur.

Der Architekturforscher Arthur Upham Poe konstatierte einen starken sassanidischen Einfluss und mutmasst, dass es sich um einen Grabbau gehandelt haben könnte. Der Bau hat eine doppelschalige Kuppel, wohl die älteste ihrer Art im Iran.

Heute befindet sich hier ein kleines Museum für historische Steine, unter anderem Grabsteine mit interessanten Gravuren aus unterschiedlichen Epochen, ergänzt um Fotos mit alten Ansichten des Gebäudes.

Für uns war das damals vor allem ein Ort, an dem die Kinder frei herumlaufen, auf die draussen platzierten Metallskulpturen klettern und einen schüchternen Kontakt zu persischen Mädchen aufnehmen konnten.

Verwendete Quellen: Farzadmehr Arami, Majid: Kerman. Land of History and Nature, Teheran 2010, S. 97; Matheson, Sylvia A.: Persien. Ein archäologischer Führer, Stuttgart 1980, S. 356 (engl. Original von 1976); Niemann, Hartmut/ Paul, Ludwig: Iran. Reise Know-How, 3. neu bearbeitete und komplett aktualisierte Auflage 2012, Bielefeld, S. 589; Pope, Arthur Upham: Persian Architecture, 1965.

Der „Steinberg“ Gunbad-e Djabaliye_Kerman © Ekkehart Schmidt

From → Iran

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