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Abguscht

September 15, 2012

Zwei Mal war ich nach Ende meiner iranischen Kinderjahre 1971 in Teheran und hab dies und das gegessen. Ich fand 1992 und 2012 aber nur ein Lokal, in dem die Atmosphäre, die Preise und ein bestimmtes Gericht so anziehend waren, dass ich immer wieder zurück gekehrt bin: Abguscht für etwa 100 Toman im „Ayeyaran“ (auch: Sofre Khane-ye Ayyaran) am Meidan-e Ferdowsi. Hamid, der deutschlanderfahrene Kellner, bringt einen grünen Tontopf namens „Dizi“ mit einem im Ofen geschmortem kräftigen Hammeleintopf. Wie es hieß, wusste er nicht, aber es stamme wohl aus Täbris. Dazu sauer eingelegtes Gemüse, Kräuter, Brot und eine Schale, in die er sorgsam aus dem Topf gefischte Fettstücke vom Hammel und Tomaten legt, die er routiniert mit einem Stössel zermalmt, mit Soße anreichert und dann – mich nach der Dosierung fragend – mit Pfeffer und Salz würzt. Nach dieser Einführung soll ich weitermachen, er schlägt die Kartoffel vor und widmet sich anderen Gästen. Aber ich fang lieber erstmal an, dieses Zwischenergebnis zu löffeln.

Abgusht im Ayeyaran in Teheran

Abgusht im Ayeyaran in Teheran

Das Ergebnis ist fettig aber lecker. Etwas Ekel erregend auch, aber nur einen kurzen Moment lang. Man könnte jetzt Brot hinein stippen, tunken, bröseln oder einbröckeln. Muss man aber nicht. Wenn, dann hat es nun sangak zu sein, heißt es. Ich habe mangels weiterer Anleitung einfach so weiter gegessen, wie es mir gefiel. Dazu kalten Dough getrunken, ein wunderbares Sauermilchgetränk, ähnlich wie Kefir oder Ayran. Das passte sehr gut – und zeigte mir, wie raffiniert die persische Küche ist, in der „kalte“ und „warme“ Speisen kombiniert werden. Offenbar wird dann gerne auch das Fleisch vom Knochen gelöst und zerstampft, vielleicht auch mit den Kichererbsen zu einer teigigen Masse vermischt. Ich habe einfach den Dizi  ausgelöffelt.

So oder so ähnlich habe ich schon gute vier Mal Abguscht im Ayeyaran gegessen. Und war satt und glücklich. Milomike, ein in Teheran lebender anderer Blogger, hat die Prozedur Ende 2011, Anfang 2012 noch stilechter erlebt und besser beschrieben, als ich es könnte: Text und Fotos.

Es gibt verschiedene Abguscht-Varianten: Den hier vorgestellten Lamm-Eintopf mit Kichererbsen und Kartoffeln (Abguscht-e Rasmi), dann mit Kichererbsen und weißen Bohnen (Abguscht-e Sadeh), mit Hülsenfrüchten und Kräutern (Abguscht-e Bosbasch) oder mit Linsen und Quitten (Abguscht-e Beh).

In Deutschland kann man Abguscht unter anderem im „Restaurant Hafez“ in Frankfurt/ Main, im „Hafis“ in Berlin, im „Hafez“ in Münster, im „Apadana“ in Köln, im Dehbaschi in München oder im „Persepolis“ in Hamburg genießen. Wer  selbst kochen mag, dem sei empfohlen: Vormweg, Parvin: Persisch kochen, Verlag Die Werkstatt, Göttingen, 2. Auflage 2003, S. 141-146.

Copyright Fotos: Ekkehart Schmidt-Fink

From → Iran

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