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INAISE: Weltweite Mobilisierung der Sozialfinanz

Mai 20, 2014

INAISE: Weltweite Mobilisierung der Sozialfinanz © GLS Bank

Es wird vielfach bedauert, dass die drängenden globalen Wirtschafts- und Finanzfragen von einer Handvoll der reichsten Länder, jedoch nicht weltweit diskutiert werden. Auch bei der Suche nach Lösungen für ökologische Fragen, den Rückgang der Agrarflächen oder die Klimaerwärmung wirkt die Weltgemeinschaft gelähmt. Gerade die Vorreiter der neoliberalen Globalisierung wie IWF, Weltbank, G20, OECD oder WTO haben keine Rezepte gegen die Krisen, für die sie mitverantwortlich sind. Mehr noch: diese Institutionen wirken unbeweglich, fast schon gefangen in ihren Dogmen. Da ist schon allein die Tatsache positiv, dass sich auf kontinentaler Ebene und auch weltweit Netzwerke von Institutionen der Sozialfinanz gebildet haben, die im Kleinen Lösungen erarbeiten und erproben. Bei einer Konferenz im Mai in Bochum kamen gut 50 dieser Akteure zusammen.

Während es auf kontinentaler Ebene einige solcher Netzwerke gibt, so in Afrika das African Microfinance Network (AFMIN) oder das Microfinance African Institutions Network (MAIN), gibt es weltweit nur zwei Netzwerke von Banken und anderen Institutionen der Sozialfinanz: Während sich die 2010 gegründete Global Alliance of Banking on Values (GABV) insbesondere ethische Banken der westlichen Welt verbindet, konzentriert sich die 1989 gegründete International Association of Investors in the Social Economy (INAISE) auf die globale Vernetzung unter Einschluss kleinerer Institutionen. So haben sich bei INAISE neben den weltweit größten Banken der Sozialfinanz, die auch in der GABV organisiert sind, wie der GLS Bank oder Triodos, auch kleinere europäische Institutionen wie etika, SIDI oder La Nef und Dutzende Mikrofinanz- und andere sozial und ökologisch orientierte Finanzinstitutionen aus den Ländern des Südens vernetzt. Während sich die GABV in Zeiten der Finanzkrise und Bankenregulierung auf bankinterne Fragen konzentriert, bemüht sich INAISE eher, regional angepasste Möglichkeiten der Sozialfinanz zu entwickeln und über die Unterstützung kooperativer Strukturen und Kreditgeber zur Armutsbekämpfung und Verbesserung der finanziellen Lage insbesondere der Landbevölkerung in Afrika, Asien und Südamerika beizutragen.

Soziales Finanzwesen funktioniert also – doch ist diese wichtige Tatsache weltweit noch nicht wirklich bekannt. Es scheint, als gäbe es keine Alternative zum rein renditeorientierten Mainstream-Banking. Dabei ist INAISE schon seit 25 Jahren Verfechter eines Kulturwandels in der Finanzindustrie. Im Wissen, dass noch viel Arbeit nötig ist, sichtbarer zu werden, durfte dennoch gefeiert werden: Nach Äthiopien, Frankreich und Mexiko trafen wir uns vom 7. – 9. Mai erstmals zu einem Jahrestreffen in Deutschland. Für mich auch deshalb ein Thema, weil ich gute vier Monate an der Organisation beteiligt war. Es ist gar nicht so einfach, wie es in unserer globalisierten Welt klingt, 100 Teilnehmer aus 36 Ländern und fünf Kontinenten buchstäblich hierher zu lotsen, trafen wir uns doch nicht in Frankfurt oder Berlin, sondern in Bochum.

In den letzen Jahren ist die Organisation kontinuierlich gewachsen: „Mittlerweile haben wir 50 Mitgliedsorganisationen“, so Dominique  Lesaffre, Präsident der INAISE. „Auch wenn wir in Europa gegründet wurden, so sind wir längst auf allen Kontinenten durch unsere Mitglieder aktiv. Das zeigt die globale Entwicklung und auch die Wichtigkeit, sich über Herausforderungen und Chancen der sozialen und solidarischen  Finanzwirtschaft auszutauschen,“ so der Franzose. INAISE verbindet unter ihrem Dach weltweit sehr verschiedene Mitglieder. Das spiegelte sich auch bei den Gastgebern des diesjährigen Jahrestreffens wider: Die Mitgliederversammlung und anschließende Konferenz fand in den Räumlichkeiten der GLS Bank in Bochum statt, wurde jedoch mitorganisert von der global tätigen Genossenschaft Oikocredit und dem Institute for Social Banking (ISB).

INAISE: Weltweite Mobilisierung der Sozialfinanz INAISE: Weltweite Mobilisierung der Sozialfinanz © Ekkehart Schmidt

INAISE: Weltweite Mobilisierung der Sozialfinanz © Ekkehart Schmidt

An der Mitgliederversammlung (Fotos oben) nahmen Vertreter von gut 30 Organisationen teil. „Aus den vielen verschiedenen Blickwinkeln gewinnen wir neue Ideen und neuen Antrieb für unsere Arbeit – zumal wir merken: Global arbeiten wir eigentlich alle an den gleichen Fragestellungen, wie Landwirtschaft und Ernährung, genossenschaftliche Unternehmensstrukturen, Energie und Ressourcenschutz oder aber solidarische Finanzierungsmodelle“, beschreibt Andreas Neukirch, Vorstand der GLS Bank, die Begegnungen bei INAISE.

Das anschließende Jahrestreffen stand darum unter dem Motto „Aktivierung sozial-orientierter Finanzierungsmöglichkeiten weltweit – voneinander lernen“. David Woods, Geschäftsführer des Co-Gastgebers Oikocredit, ist überzeugt von dieser Art der Zusammenarbeit: „Wir haben in der Vorbereitung gemerkt, dass diese Themen uns alle umtreiben. Fragen der Energieversorgung oder der Solidarität gehen weltweit alle an. Deshalb ist es so wichtig, dass wir hier an einem Strang ziehen und gemeinsam neue Ideen entwickeln.“ Malcolm Hayday, Geschäftsführer des ISB, ergänzt: „Ein Kulturwandel im Finanzwesen, wie ihn sich alle Mitglieder der INAISE wünschen, kann letztlich nur stattfinden, wenn wir unsere Ideen in die Welt  tragen, uns über Möglichkeiten und Hindernisse austauschen und auch Bildungsmöglichkeiten bieten. Denn natürlich setzen Akteure auf dem Finanzmarkt das um, was sie gelernt haben.“

„Kulturwandel in der Finanzwelt ist möglich“

INAISE hat sich daher zum Ziel gesetzt, gemeinsam zu zeigen, dass anderes Wirtschaften möglich ist. „Wir blicken zufrieden auf die letzten 25 Jahre zurück“, zog auch Dominique Lesaffre ein Fazit. „Aber vor allem schauen wir voller Tatendrang in die Zukunft: Ein Kulturwandel hin zu sozialem Wirtschaften ist möglich und wir wollen uns weltweit mit den unterschiedlichsten Akteuren dafür stark machen.“ Anstelle einer Konferenz mit einer Vielzahl an Rednern und wenig Beteiligungsmöglichkeiten wurde daher die Methodik des „World Café“ gewählt, bei der alle zu Wort kommen.

INAISE: Weltweite Mobilisierung der Sozialfinanz INAISE: Weltweite Mobilisierung der Sozialfinanz © Ekkehart Schmidt

INAISE: Weltweite Mobilisierung der Sozialfinanz INAISE: Weltweite Mobilisierung der Sozialfinanz © Ekkehart Schmidt

INAISE: Weltweite Mobilisierung der Sozialfinanz INAISE: Weltweite Mobilisierung der Sozialfinanz © Ekkehart Schmidt

INAISE: Weltweite Mobilisierung der Sozialfinanz INAISE: Weltweite Mobilisierung der Sozialfinanz © Ekkehart Schmidt

INAISE: Weltweite Mobilisierung der Sozialfinanz INAISE: Weltweite Mobilisierung der Sozialfinanz © Ekkehart Schmidt

INAISE: Weltweite Mobilisierung der Sozialfinanz INAISE: Weltweite Mobilisierung der Sozialfinanz © Ekkehart Schmidt

INAISE: Weltweite Mobilisierung der Sozialfinanz © Ekkehart Schmidt

Nach einer Stärkung durch leckere Quiches mit Salat, bereitet von dem Schwestern von „Fräulein Coffea“ ging es in die Abschlussrunde, in der Héctor Félix Farro Ortiz (FORTALECER) die Anwesenden zur nächsten Jahrestagung nach Peru einlud:

INAISE: Weltweite Mobilisierung der Sozialfinanz INAISE: Weltweite Mobilisierung der Sozialfinanz © Ekkehart Schmidt

Zum Abschluss kam ein Drittel der Teilnehmer mit auf eine ganztägige Rundfahrt zum Thema Bildung und Kooperativen, bei der in Alfter bei Bonn die Alanus Hochschule sowie in Mayschoss an der Ahr die älteste Weinkooperative der Welt besucht wurde (beides von der GLS-Bank finanzierte Projekte), ehe es am Kölner Hauptbahnhof galt, Abschied zu nehmen.

INAISE: Weltweite Mobilisierung der Sozialfinanz © Ekkehart Schmidt

INAISE: Weltweite Mobilisierung der Sozialfinanz © Ekkehart Schmidt

INAISE: Weltweite Mobilisierung der Sozialfinanz © Ekkehart Schmidt

INAISE: Weltweite Mobilisierung der Sozialfinanz © Ekkehart Schmidt

INAISE: Weltweite Mobilisierung der Sozialfinanz © Ekkehart Schmidt

INAISE (International Association in the Social Economy) ist ein weltweites Netzwerk sozial-ökologisch orientierter Finanzinstitute. Über INAISE vernetzen sich seit 1989 soziale Investoren aus aller Welt und vereinen ihre Kräfte, um sich auszutauschen, Informationen weiterzugeben und zu zeigen, dass Geld wirklich dazu eingesetzt werden kann, positive soziale und ökologische Veränderungen herbeizuführen.

INAISE begann erst mit der als Abspaltung empfundenen GABV-Gründung, sich wirklich auf die Rolle eines globalen Netzwerkes zu konzentrieren. Durch INAISE haben im Laufe der letzten 25 Jahre sozial orientierte Investoren von Norwegen bis Südafrika und von Costa Rica bis Japan ihre Kräfte bündeln, Erfahrungen austauschen und die Entwicklung solcher Organisationen und Unternehmen fördern können, die sozial und ökologisch verantwortliche Projekte umsetzen. Erst 2011 begann man aber, sich wirklich global zu engagieren und den bislang europäisch geprägten Vorstand durch Mitglieder aus Lateinamerika, Afrika und Australien zu bereichern.

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INAISE: Weltweite Mobilisierung der Sozialfinanz © Ekkehart Schmidt

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